Das Amtsgericht Hamburg hat eine Klage wegen Erstattung von Abmahnkosten und Schadensersatz für das widerrechtliche öffentliche Zugänglichmachen eines Films in einer Tauschbörse über den Internetanschluss der Beklagten abgewiesen. Das Urteil des AG Hamburg vom 09.01.2015 finden Sie hier im Volltext.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt Erstattung von Abmahnkosten und Schadensersatz für das widerrechtliche öffentliche Zugänglichmachen eines Films in einer Dateitauschbörse über den Internetanschluss der Beklagten.

Nach den Ermittlungen der von der Klägerin mit der Recherche von Urheberrechtsverletzungen im Internet beauftragten Guardaley Ltd. und den daraufhin von der Klägerin angestrengten gerichtlichen Auskunftsverfahren und den daraufhin erteilten Providerauskünften wurde die Datei www.torrent.to…The.Expendables.2.2012.iNTERNAL.1080p.BluRay.x264-AVSHD [PublicHD]“ am 23.11.2012 um 20.49.55 Uhr vom Internetanschluss der Beklagten unter der IP-Adresse 92.230… in einer Dateitauschbörse anderen Nutzern zum Herunterladen angeboten. Selbiges geschah am 24.11.2012 um 08.43.50 Uhr, am 23.11.2012 um 09.20.40 Uhr, am 24.11.2012 um 14.42.18 Uhr und am 25.11.2012 um 16.47.09 Uhr unter jeweils unterschiedlichen IP-Adressen, die auf S. 5-6 der Klageschrift vom 20.01.2014 genannt sind. Mit anwaltlichem Schreiben vom 07.06.2013 (Anlage K8) ließ die Klägerin die Beklagte wegen des erstgenannten behaupteten Urheberrechtsverstoßes abmahnen und zur Abgabe einer Unterlassungsverpflichtungserklärung sowie zur Zahlung eines Vergleichsbetrages auffordern. Sie warf der Beklagten vor, den Film “The Expendables 2 – Back for War“ über eine Internettauschbörse anderen Nutzern dieser Börse zum Herunterladen zur Verfügung gestellt zu haben. Die Beklagte gab daraufhin eine modifizierte Unterlassungserklärung ab, leistete aber keine Zahlung.

Die Beklagte wohnte in einem Mehrfamilienhaus. In dem Haushalt der Beklagten bestand ein WLAN-Internetzugang, wobei ein Router der Marke „Alice Modem WLAN 1421“ verwendet wurde. Der Router war etwa sechs bis neun Monate vor November 2012 eingerichtet worden und mit einer WPA2-Verschlüsselung gesichert. Der WPA2-Schlüssel bestand aus 16 Ziffern, die auf der Rückseite des Routers abgedruckt waren. Wegen der Einzelheiten wird auf das als Anlage B1 zur Akte gereichte Foto verwiesen. Der WPA2-Schlüssel war werkseitig vorgegeben und nicht verändert worden, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob der werkseitig vorgegebene WPA2-Schlüssel ab Werk individuell nur für dieses eine Gerät vergeben worden war, was die Klägerin mit Nichtwissen bestreitet.

Der werkseitig vergebene WPA2-Schlüssel des Routers war, wie sich später herausstellte und sowohl von o2 bzw. der Telefónica Germany GmbH & Co. OHG am 19.03.2014 (Anlage B4) als auch auf der Internetseite www.heise.de am 18.03.2014 (Anlage B5) veröffentlicht wurde, nach einem unsicheren Verfahren generiert worden. Er ließ sich daher von Unberechtigten mit überschaubarem Zeitaufwand „knacken“.Inzwischen ist unstreitig, dass die in Streit stehenden Rechtsverletzungen von einem unbekannten Dritten begangen wurden, der sich unberechtigt Zugang zum WLAN-Netzwerk der Beklagten verschafft hatte.Nach der Bedienungsanleitung für den Router war eine Änderung des werkseitigen Schlüssels durch ein anderes, individuell zu wählendes Passwort nicht nötig.

Die Beklagte erhielt nur die eine hier in Rede stehende Abmahnung.Die Klägerin hält an dem genannten Film Nutzungs- und Auswertungsrechte für das Gebiet „Deutschland“ für gewisse Auswertungsarten gemäß dem als Anlage K1 eingereichten Lizenzvertrag einschließlich der Vertragsergänzung vom 05.09.2012 (“Amendment“).

Die Klägerin trägt vor, sie sei auch Inhaberin ausschließlicher „Online“-Verwertungsrechte in Bezug auf den in Streit stehenden Film. Sie meint, die Beklagte hafte als Störerin, weil sie das werkseitig vorgegebene Passwort ihres Routers nicht geändert hat.Die Klägerin behauptet, sie habe auf entsprechende Rechnung ihrer Prozessbevollmächtigten vom 03.12.2014 (Anlage K15) die darin berechneten Rechtsanwaltskosten in Höhe von 755,80 € netto gemäß dem als Anlage K16 eingereichten Kontoauszug, ebenfalls datierend vom 03.12.2014, gezahlt.

Die Klägerin hat mit ihrer Klage Erstattung der Anwaltskosten für die Abmahnung der Beklagten in Höhe von 755,80 € sowie sog. lizenzanalogen Schadensersatz in Höhe von 400,00 € für die behauptete Urheberrechtsverletzung und den Ersatz von Ermittlungskosten in Höhe von 100,00 € unter Hinweis auf die als Anlage K4 zu den Akten gereichte Rechnung geltend gemacht. Hinsichtlich des Abmahnschreibens gemäß Anlage K8 geht die Klägerin von einem Gegenstandswert von 15.000,00 € für den damit geltend gemachten Unterlassungsanspruch aus.

In der mündlichen Verhandlung am 17.09.2014 hat die Klägerin beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 1.255,80 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Daraufhin ist nach Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung mit Zustimmung der Parteien das schriftliche Verfahren angeordnet worden, im Rahmen dessen die Klägerin mit Schriftsatz vom 05.11.2014 die teilweise Rücknahme der Klage im Hinblick auf den mit 400,00 € bezifferten lizenzanalogen Schadensersatz erklärt hat. Dem hat die Beklagte ausdrücklich nicht zugestimmt.

Die Beklagte behauptet, der 16-stellige WPA2-Schlüssel sei zwar werksseitig, aber individuell und einmalig nur für diesen Router von dem Hersteller des Geräts vergeben worden.Das Gericht hat die Beklagte persönlich angehört. Wegen des Ergebnisses der der Anhörung wird auf das Verhandlungsprotokoll vom 17.09.2014 verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Über die Klage ist insgesamt streitig zu entscheiden, denn die von der Klägerin erklärte teilweise Klagerücknahme ist nicht wirksam. Gemäß § 269 Abs. 1 ZPO kann eine Klage ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden. Hier ist die teilweise Klagerücknahme, für welche § 269 Abs. 1 ZPO ebenfalls gilt, erst nach der mündlichen Verhandlung vom 17.09.2014 erklärt worden, so dass es der Einwilligung der Beklagten bedurfte. An dieser fehlt es jedoch.

Das angerufene Gericht ist sachlich gemäß §§ 21 Nr. 1, 71 Abs. 1 GVG und örtlich nach § 104a Abs. 1 UrhG i.V.m. § 1 Nr. 2 der Hamburgischen Landesverordnung über die Zuständigkeit des Amtsgerichts Hamburg in Zivil- und Handelssachen sowie für die Erledigung inländischer Rechtshilfeersuchen vom 01.09.1987 (HmbGVBl. 1987, S. 172) zuständig. Gegenstand des Verfahrens ist ein widerrechtliches öffentliches Zugänglichmachen eines urheberrechtlich geschützten Films in einer Dateitauschbörse im Internet gegenüber der Beklagten als natürlicher Person, wobei kein Zusammenhang mit einer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit der Beklagten besteht.

Der Klägerin steht kein Schadensersatzanspruch gemäß § 97 Abs. 2 UrhG zu, so dass sie weder lizenzanalogen Schadensersatz noch Dokumentationskosten von der Beklagten verlangen kann.

Ein Anspruch aus § 97 Abs. 2 UrhG setzt voraus, dass der Inanspruchgenommene als Täter oder Teilnehmer für die Urheberrechtsverletzung verantwortlich ist. Haftet er nicht als Täter oder Teilnehmer einer Urheberrechtsverletzung, scheidet ein Schadensersatzanspruch hingegen aus (BGH, GRUR 2010, 633 – Sommer unseres Lebens; OLG Hamburg, ZUM 2010, 440 – Rapidshare II m.w.N.).

So liegt der Fall hier, denn unstreitig wurde die Rechtsverletzung von einem unbekannten Dritten über den unsicher verschlüsselten Router der Beklagten begangen. Die Beklagte haftet auch nicht als Teilnehmerin für die Rechtsverletzung. Voraussetzung dafür wäre neben einer objektiven Gehilfenhandlung (Anstiftung oder Beihilfe) ein zumindest bedingter Vorsatz in Bezug auf die Haupttat, einschließlich des Bewusstseins ihrer Rechtswidrigkeit (vgl. dazu: BGH, GRUR 2011, 152 –”Kinderhochstühle im Internet“). Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte Kenntnis von der Haupttat hatte oder auch nur Kenntnis hätte haben können, dass der streitgegenständliche Film über ihren Anschluss angeboten wurde.

Damit scheidet neben dem lizenzanalogen Schadensersatz auch ein Anspruch auf Ersatz der Ermittlungskosten in Höhe von € 100,00 aus. Dieser Anspruch kann sich nicht aus § 97a UrhG, sondern nur aus § 97 Abs. 2 UrhG ergeben, stellt also einen Schadensersatzanspruch dar. § 97a UrhG ist lex specialis für die Kostenerstattung von Abmahnungen bei urheberrechtlichen Verletzungstatbeständen; die Ermittlungskosten sind jedoch keine Kosten der Abmahnung (Landgericht Hamburg, Urteil vom 29.08.2014, Az. 308 S 26/13 unter Hinweis auf Dreier/Schulze, UrhG, 4. Aufl. § 97a Rn. 12; ebenso Landgericht Hamburg, Urteil vom 21.03.2014, Az. 310 S 7/13 – beide Urteile sind nicht veröffentlicht).

Die Beklagte haftet auch nicht als Störerin. Die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Klägerin hat eine Pflichtverletzung, die Voraussetzung einer Störerhaftung ist, nicht dargelegt. Es kommt daher auf die streitige Frage, ob die Klägerin die eingeklagten Rechtsanwaltskosten überhaupt – erst nahezu eineinhalb Jahre nach der Abmahnung während des laufenden Rechtsstreits nach gerichtlichem Hinweis – bereits beglichen hat, nicht an.

Als Störer kann analog § 1004 BGB bei der Verletzung absoluter Rechte auf Unterlassung in Anspruch genommen werden, wer – ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung des geschützten Rechts beiträgt (BGH, GRUR 2011, 152 = WRP 2011, 223 – Kinderhochstühle im Internet). Dabei kann als Beitrag auch die Unterstützung oder Ausnutzung der Handlung eines eigenverantwortlich handelnden Dritten genügen, sofern der in Anspruch Genommene die rechtliche Möglichkeit zur Verhinderung dieser Handlung hatte (BGH, GRUR 2004, 438 – Feriendomizil I). Da die Störerhaftung nicht über Gebühr auf Dritte erstreckt werden darf, die die rechtswidrige Beeinträchtigung nicht selbst vorgenommen haben, setzt die Haftung des Störers nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs allerdings die Verletzung zumutbarer Verhaltenspflichten, insbesondere von Prüfpflichten, voraus. Ob und inwieweit dem Störer als in Anspruch Genommenem eine Prüfung zuzumuten ist, richtet sich nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls unter Berücksichtigung seiner Funktion und Aufgabenstellung sowie mit Blick auf die Eigenverantwortung desjenigen, der die rechtswidrige Beeinträchtigung selbst unmittelbar vorgenommen hat (BGHZ 185, 330 = GRUR 2010, 633 = WPR 2010, 912 – Sommer unseres Lebens; GRUR 2011, 1038 = WRP 2011, 1609 – Stiftparfüm; vgl. BGH, GRUR 2011, 321). Eine Prüfpflicht kann bereits mit Inbetriebnahme einer technischen Einrichtung entstehen, setzt dann aber eine schon dadurch eintretende Gefährdung absoluter Rechtsgüter Dritter voraus (vgl. BGHZ 185, 330 = GRUR 2010, 633 = WPR 2010, 912 – Sommer unseres Lebens; BGH, GRUR 2011, 321).

Eine Störerhaftung kann auch dadurch begründet werden, dass ein Internetanschluss nicht ausreichend gegen unbefugte Zugriffe gesichert ist: Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung stellt der Betrieb eines nicht ausreichend gesicherten WLANs einen Anknüpfungspunkt für eine Störerhaftung dar (BGH, I ZR 121/08, NJW 2010, 2061 – Sommer unseres Lebens). Auch im Hinblick hierauf trägt die beklagte Partei eine sekundäre Darlegungslast. Dazu ist – soweit dies (noch) möglich ist – vorzutragen, um was für einen Anschluss es sich handelte, insbesondere ob ein WLAN-Netzwerk installiert war, wann der Anschluss eingerichtet und welcher Routertyp verwendet wurde und mit was für einer Sicherung der Anschluss im Zeitpunkt der Rechtsverletzung gesichert war. Dazu gehört auch die genaue Angabe der Verschlüsselungstechnik, des konkret verwendeten Passworts und Vortrag zu dessen Generierung, insbesondere dazu, ob es sich um ein individuell gewähltes Passwort handelt.

Die Beklagte hat dieser sekundären Darlegungslast genügt und die genannten Details vorgetragen. Zudem ist unstreitig, dass die werkseitig vorgegebene Verschlüsselung nicht hinreichend sicher war, weil das werkseitige Verfahren zur Generierung des WPA2-Schlüssels nicht hinreichend sicher war, so dass dieser mit überschaubarem Aufwand „geknackt“ und der Schutzmechanismus so überwunden werden konnte.

Dafür hat aber die Beklagte nicht einzustehen. Die Sicherheitslücke ist erst im März 2014 öffentlich bekannt geworden, also erst lange Zeit nach den hier in Rede stehenden Rechtsverletzungen. Es ist nichts dafür vorgetragen oder ersichtlich, dass der Beklagten die Sicherheitslücke zuvor bekannt gewesen wäre.

Die Beklagte haftet auch nicht deshalb als Störerin, weil der werkseitig vergebene WPA2-Schlüssel nicht individuell verändert wurde. Es ist zwar richtig, dass der Inhaber eines WLAN-Anschlusses, der es unterlässt, die im Kaufzeitpunkt des WLAN-Routers marktüblichen Sicherungen ihrem Zweck entsprechend anzuwenden, als Störer auf Unterlassung und damit auch aus Ersatz der Abmahnkosten haftet, wenn Dritte diesen Anschluss missbräuchlich nutzen, um urheberrechtlich geschützte Musiktitel in Internettauschbörsen einzustellen (BGH, I ZR 121/08, NJW 2010, 2061 – Sommer unseres Lebens).

In der genannten Entscheidung führt der Bundesgerichtshof aus:

“Welche konkreten Maßnahmen zumutbar sind, bestimmt sich auch für eine Privatperson zunächst nach den jeweiligen technischen Möglichkeiten (vgl. BGHZ 172, 119 Tz. 47 – Internet-Versteigerung II). Es würde die privaten Verwender der WLAN-Technologie allerdings unzumutbar belasten und wäre damit unverhältnismäßig, wenn ihnen zur Pflicht gemacht würde, die Netzwerksicherheit fortlaufend dem neuesten Stand der Technik anzupassen und dafür entsprechende finanzielle Mittel aufzuwenden. Die Prüfungspflicht im Hinblick auf die unbefugte Nutzung eines WLAN-Routers konkretisiert sich vielmehr dahin, dass jedenfalls die im Kaufzeitpunkt des Routers für den privaten Bereich marktüblichen Sicherungen ihrem Zweck entsprechend wirksam einzusetzen sind (vgl. dazu für den Bereich der Verkehrssicherungspflichten BGH, Urt. v. 31.10.2006 – VI ZR 223/05, NJW 2007, 762 Tz. 11; Urt. v. 2.3.2010 – VI ZR 223/09 Tz. 9 f., VersR 2010, 544).

Die dem privaten WLAN-Anschlussinhaber obliegende Prüfungspflicht besteht nicht erst, nachdem es durch die unbefugte Nutzung seines Anschlusses zu einer ersten Rechtsverletzung Dritter gekommen und diese ihm bekannt geworden ist. Sie besteht vielmehr bereits ab Inbetriebnahme des Anschlusses. […] Das hoch zu bewertende, berechtigte Interesse, über WLAN leicht und räumlich flexibel Zugang zum Internet zu erhalten, wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass die zum Zeitpunkt der Installation des WLAN-Routers auch im Privatbereich verkehrsüblich vorhandenen Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung angewandt werden.

[…]Die Prüfpflicht des Beklagten bezieht sich aber auf die Einhaltung der im Kaufzeitpunkt des Routers für den privaten Bereich marktüblichen Sicherungen. Diese Pflicht hat der Beklagte verletzt. Der Beklagte hat es nach dem Anschluss des WLAN-Routers bei den werkseitigen Standardsicherheitseinstellungen belassen und für den Zugang zum Router kein persönliches, ausreichend langes und sicheres Passwort vergeben. Der Schutz von Computern, Kundenkonten im Internet und Netzwerken durch individuelle Passwörter gehörte auch Mitte 2006 bereits zum Mindeststandard privater Computernutzung und lag schon im vitalen Eigeninteresse aller berechtigten Nutzer. Sie war auch mit keinen Mehrkosten verbunden.

“Diese höchstrichterliche Entscheidung kann jedoch nur in Fällen Geltung beanspruchen, in denen ein Router ausgeliefert und angeschlossen wird, der mit einem werkseitig vorgegebenen Schlüssel ausgestattet ist, der für eine Vielzahl von Geräten gilt. Das erkennende Gericht schließt sich dazu den folgenden Ausführungen des Amtsgerichts Frankfurt am Main (Urteil vom 14.06.2013, MMR 2013, 605 – zitiert nach juris; dem zustimmend Mantz, MMR 2013, 607, sowie Koch, jurisPR-ITR 1/2014 Anm. 4) an:

„Zwar hat der Beklagte dieses Passwort nicht in ein persönliches Passwort geändert. Allerdings handelt es sich – gerichtsbekannt – bei den auf einer Fritz-Box seit 2004 verwendeten Authentifizierungsschlüsseln um solche, die bereits ab Werk individuell pro Gerät vergeben werden. Vor diesem Hintergrund ist der seitens des Bundesgerichtshofs in seiner Entscheidung vom 12.05.2010, I ZR 121/08 erstrebte Zweck eines hohen Schutzniveaus, welches den Zugriff unbefugter Dritter ausschließt, auch ohne ein persönliches Passwort – das regelmäßig nicht länger als 13-stellig sein wird – erreicht. Der Bundesgerichtshof kann in der oben zitierten Entscheidung lediglich die Fälle im Blick gehabt haben, in denen die Router einer Modellreihe werksseitig über den gleichen Authentifizierungsschlüssel verfügen, so dass ein effektiver Schutz für diese Fälle nur über eine sofortige Personalisierung des Passwortes gewährleistet war. (vgl. Mantz, Anm. zu BGH Urt. v. 12.05.2010 in MMR 2010, 569).

“Ein werkseitig vergebenes, individuelles und daher nur dem Inhaber des WLAN-Routers bekanntes Kennwort ist mindestens ebenso sicher wie ein selbst gewähltes, in vielen Fällen sogar sicherer (Mantz, a.a.O.).

Hier ist zwar nicht gerichtsbekannt, dass der Router „Alice Modem WLAN 1421“ werkseitig mit einem individuellen Authentifizierungsschlüssel ausgeliefert wird, und diese Frage ist zwischen den Parteien streitig. Die Beklagte hat jedoch substantiiert vorgetragen, dass es sich um einen individuellen Authentifizierungsschlüssel handele, und dazu sogar überobligatorisch Beweis angeboten. Zudem ist unstreitig, dass nach der Bedienungsanleitung eine Abänderung des Schlüssels nicht nötig war. Daher wäre es nunmehr an der für eine zur Störerhaftung führende Pflichtverletzung der Beklagten darlegungs- und beweisbelasteten Klägerin gewesen, Beweis dafür anzutreten, dass dieser Vortrag der Beklagten nicht zutrifft. Die anwaltlich vertretene Klägerin hat sich jedoch auf ein Bestreiten mit Nichtwissen beschränkt. Das reicht nicht aus. Der Klägerin wäre es auch durchaus möglich gewesen, dazu näher vorzutragen und auch Beweis anzubieten. Zum einen sind Bedienungsanleitungen für gängige Routermodelle wie das hiesige ohne weiteres zu beschaffen, zum anderen hatte die Beklagte bereits zwei Geschäftsführer des Herstellers bzw. Vertreibers des Routers als Zeugen zu diesem Thema benannt. Das hätte die Klägerin ohne weiteres aufgreifen können.

Andere Anknüpfungspunkte für eine Störerhaftung bestehen nicht. Insbesondere hatte die Beklagte keinerlei Anhaltspunkt dafür, dass über ihren Anschluss Urheberrechtsverletzungen begangen wurden, so dass sie dem hätte entgegenwirken müssen. Sie hat nur diese eine Abmahnung erhalten. Die Verschlüsselungstechnik WPA2 ist die bis heute beste.

Da die Hauptforderung nicht begründet ist, schuldet die Beklagte auch keine Zinsen.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 Abs. 1 ZPO, diejenige zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO